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Nur für frühe Demenz

Neuer Wirkstoff gegen Alzheimer


Wissenschaftler zeigt zur Beurteilung einer Demenz mit einem Stift auf eine MRT-Aufnahme des Gehirns.

Gegen die Alzheimer-Demenz ist bisher kein Kraut gewachsen. Jetzt steht das erste Medikament, das in den Krankheitsmechanismus eingreift, kurz vor der Zulassung. Doch auch wenn die Hoffnung groß ist – Wunder darf man von dem neuen Antikörper nicht erwarten.

Angriff auf die Amyloidplaques

Die Möglichkeiten zur Behandlung der Alzheimer-Demenz sind spärlich. Acetylcholinesterase-Hemmer und NMDA-Antagonisten können das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Dies klappt jedoch nur begrenzt, von einer Heilung ganz zu schweigen.

Doch seit einiger Zeit gibt es einen neuen Hoffnungsträger gegen Alzheimer – den Antikörper Lecanemab. Er zielt auf die für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen im Gehirn, die Amyloidplaques. Sie werden durch Lecanemab verringert, was offenbar den weiteren geistigen Abbau verlangsamt. Damit ist der Antikörper der erste Wirkstoff, der in den Mechanismus der Alzheimer-Demenz eingreift. Verabreicht wird er alle zwei Wochen als Infusion.

Ein halbes Jahr geschenkt

Expert*innen begrüßen die Entwicklung, warnen jedoch vor einer allzu großen Euphorie. Denn der Antikörper ist kein Wundermittel. Betroffene bekommen etwa ein halbes Jahr im Frühstadium geschenkt, sagt der Neurologe Prof. Peter Berlit. Was danach passiert, ist noch ungeklärt. Zudem gibt es Hinweise, dass Frauen von dem Antikörper weniger profitieren könnten. Geeignet ist die Substanz nur zur Behandlung von leichten geistigen Beeinträchtigungen oder leichter Demenz im Frühstadium der Krankheit. Gegen eine bereits ausgebildete Alzheimer-Demenz hilft der neue Wirkstoff nicht. Ausgeschlossen von der Behandlung sind auch Betroffene, die eine bestimmte Variante des Gens für das Eiweiß Apolipoprotein E haben – denn in diesen Fällen drohen vermehrt Nebenwirkungen.

Nach anfänglichen Bedenken bekam der Antikörper nach den USA jetzt auch in der EU eine Zulassungsempfehlung. Diese sieht allerdings vor, dass Patient*innen zunächst nur im Rahmen eines kontrollierten Programms damit therapiert werden. Denn die möglichen Nebenwirkungen sind beträchtlich: Es drohen Amyloid-assoziierte Veränderungen im Gehirn, die sich in der MRT zeigen. Sie können zu Kopfschmerzen, Verwirrung, Sehstörungen und Gehbehinderung führen.

Nur wenige Betroffene geeignet

Insgesamt gesehen kommen für eine Behandlung mit Lecanemab nur wenige Patient*innen in Frage, schätzt der Neurologe Stefan Teipel von der Universitätsmedizin Rostock. Es dürfen nur leichte kognitive Einbußen vorliegen, bzw. die Alzheimer-Demenz muss sich in einem sehr frühen Stadium befinden. Die Erkrankung muss per Liquordiagnostik oder Amyloid-PET sicher nachgewiesen und die Betroffenen genetisch auf Apolipoprotein E getestet werden. Ein Ausschlusskriterium ist zudem hoher Blutdruck.

Verfügbar wird Lecanemab wahrscheinlich im März 2025. Wie verträglich die Substanz ist, wird sich beim überwachten Einsatz zeigen. Gibt es Zweifel an der Sicherheit, muss der Wirkstoff wieder vom Markt genommen werden – womit allerdings nach den bisherigen Erfahrungen in den USA nicht gerechnet wird.

Quelle: Ärzteblatt

11.12.2024 | Dr. med. Sonja Kempinski ; Bildrechte: mauritius images / Westend61 / Andrew Brookes